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veröffentlicht am 3. Juli 2019 in der Kategorie Ernährung für Kinder
Gefühlt sind immer mehr Menschen von Laktoseintoleranz betroffen, aber tatsächlich ist die Prävalenz der Hypolaktasie (bzw. primäre Laktoseintoleranz) nicht gestiegen. Vielmehr sprechen Daten aus der Mikrobiomforschung sowie Studien zum Reizdarmsyndrom dafür, dass eine andere Auswahl und Zusammensetzung der Lebensmittel die Spaltungseffektivität der Laktase beeinflussen. Unphysiologische Ernährungsweisen führen zu einer Dysbiose mit Folgen für die Darmgesundheit.
Der folgende Beitrag liefert ein Update zu Entstehung und Therapie
Definition der Laktoseintoleranz
Bei der Laktoseintoleranz kommt es nach dem Verzehr von Milchzucker (= Laktose) aufgrund der unzureichenden Aufspaltung der Laktose in ihre Grundbausteine (Glukose und Galaktose) im Darmlumen zu gastrointestinalen Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Übelkeit, Völlegefühl und Durchfall. Die Beschwerden sind mengenabhängig. Die Laktoseintoleranz zählt zu den Kohlenhydratmalassimilationen und diese wiederum zu den Nahrungsmittelunverträglichkeiten.
Ursächlich beruht die Laktoseintoleranz auf der fehlenden oder verminderten Bereitstellung des Enzyms Laktase. Die Effektivität der Laktosespaltung unterliegt darüber hinaus vielfältigen Einflüssen. Dazu gehören z.B.
- die Verhältnisse der Makronährstoffe (Protein-, Fett-, Ballaststoffgehalt) in einer Mahlzeit
- Volumen einer Mahlzeit
- die Magenverweildauer
- das duodenale Anfluten der Laktose
- Motilität im oberen Dünndarm
- Pankreasenzyme, Bikarbonat
Für eine zielgerichtete Behandlung ist es notwendig, die auslösenden Ursachen herauszufinden.
Primäre hereditäre Laktosemangel bzw. Alaktasie
Alaktasie ist ein medizinischer Fachbegriff für den sehr seltenen angeborenen (hereditären) Laktasemangel, der bereits unmittelbar nach der Geburt zu einer Milchzuckerunverträglichkeit des Säuglings führt. Hier liegt ein absoluter Enzymmangel vor, so dass es bereits in den ersten Lebenswochen zu Beschwerden wie schwerem Durchfall, Austrocknung und Unterernährung kommt. Um Entwicklungsstörungen zu vermeiden, ist eine konsequent laktosefreie Ernährung notwendig.
Primäre Laktoseintoleranz bzw. Hypolaktasie
Bei der primären Laktoseintoleranz (Hypolaktasie) sinkt die bei Geburt sehr hohe Laktaseaktivität erblich bedingt im Laufe des Lebens auf 5 – 10% ab. Die Beschwerden sind mengenabhängig. Bei maßvollem Verzehr sind eher keine Beschwerden zu erwarten. Bei den meisten Betroffenen bleibt bis ins hohe Alter eine Restaktivität vorhanden, so dass in der Regel Mengen von 10-15 g Laktose pro Tag gut verträglich sind. Die Hypolaktasie betrifft meist junge Erwachsen und weniger Kinder und Jugendliche.
Sekundäre Laktosemaldigestion
Bei der sekundären Form der Laktoseintoleranz ist die Produktion an Laktase nicht genetisch, sondern in Folge einer akuten oder chronischen Darmerkrankung, wie Zöliakie oder Morbus Crohn, die mit einer Schädigung der Dünndarmschleimhaut einhergehen, vermindert. Nach der Behandlung der Grunderkrankung und der Regeneration der Dünndarmschleimhaut, bildet sich die Milchzuckerverträglichkeit wieder zurück. Eine Laktose-freie bzw. – arme Ernährung ist bei sekundärer Laktosemaldigestion nur vorübergehend notwendig.
Update Therapie der Laktoseintoleranz
Neuere Untersuchungen deuten an, dass nicht die Häufigkeit einer Milchzuckerintoleranz zugenommen hat, sondern dass andere Faktoren wie z.B. die Auswahl und Zusammensetzung der Lebensmittel die Spaltungseffektivität der Laktase beeinflussen. Z.B. kann die vermehrte Verwendung von Milchtrockenprodukten in Snacks, Backwaren und Süßigkeiten zu einem versteckten Überangebot von Laktose führen. Ungünstige Lebensmittelauswahl und Mahlzeitenzusammensetzungen verkürzen die Magenverweildauer und führen zu einem schnellen Anfluten großer Laktosemengen im Darm. Außerdem können heutige Essmuster (Snacks, Smoothies) und die Lebensmittelauswahl (z.B. wenig Gemüse, wenig Ballaststoffe) eine veränderte Zusammensetzung des Darmmikrobioms mit Folgen für die Verdauung bewirken.
Aus diesen Gründen sollte in der Behandlung nicht nur auf die Reduktion der Milchzuckeraufnahme geachtet werden, sondern auch die Anpassung der Verzehrmengen, der Lebensmittelkombinationen wie auch die Verteilung der Hauptnährstoffe in einer Mahlzeit sollte berücksichtigt werden. Die Zusammensetzung einer Mahlzeit und deren Gehalt an Eiweiß, Fett und Ballaststoffen hat einen Einfluss auf die Transitzeit des Speisebreis und damit auf das Anfluten der Laktose im Darm.
Basis jeder Behandlung ist eine ausführliche Diagnostik. Der Wasserstoffatem-Test gilt dabei immer noch als Goldstandard. Die Behandlung erfolgt am besten unter Anleitung einer Ernährungsfachkraft basierend auf einem 3-Phasen-Modell. Nach einer Karenzphase mit reduzierter Laktoseaufnahme und einer optimierten Lebensmittelauswahl, Verzehrmenge und Mahlzeitenzusammenstellung folgt eine Testphase mit erweitertem Laktoseverzehr. Unter Berücksichtigung der individuellen Verträglichkeit geht diese Form der Ernährung in eine Langzeiternährung über. Die Zufuhr verträglicher Mengen an Laktose ist erwünscht, da Laktose den Aufbau und Erhalt eines gesundheitsförderlichen Darmmikrobioms unterstützt.
Wichtige „take-home-message“ für die enterale Ernährungstherapie in der Kinderheilkunde:
- Babys verfügen bei Geburt über eine hohe Laktaseaktivität und können Laktose, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, sehr gut vertragen. Wenn Babys auf die Nahrung reagieren, liegt es meist nicht an der Laktose, sondern am Milcheiweiß. Bei einer Kuhmilchallergie kommt es zu einer übermäßigen Immunreaktion auf Eiweißbestandteile der Kuhmilch. Mehr Informationen zur Kuhmilchallergie gibt hier es auf unserer Website.
- Kinder mit chronischen Darmerkrankungen profitieren je nach Krankheitsaktivität und Ernährungszustand von der zusätzlichen Gabe einer energiereichen Trinknahrung für Kinder. Durch die hohe Energie- und Nährstoffdichte können schon kleine Verzehrmengen viel bewirken. Für eine bestmögliche Verträglichkeit sind unsere „NutriniDrinks“ laktosearm. Wer mehr darüber wissen möchte, kann hier weiterlesen.