Thema: Erstes Kennenlernen und Kommunikation zwischen Hebamme und Eltern

Das erste Kennenlernen zwischen Hebamme und werdenden Eltern ist oft ungewiss, denn die Bedürfnisse sowie Erwartungen und Ansprüche der Beteiligten variieren und nicht jeder kommt automatisch mit jedem zurecht. Genauso kann es vorkommen, dass Meinungen und Einstellungen der Hebamme teilweise von denen der Eltern abweichen. Doch auch in diesen Fällen ist eine gute Zusammenarbeit unerlässlich, um der werdenden Mutter die bestmögliche Unterstützung während der Schwangerschaft und nach der Geburt zu garantieren. Wie lässt sich das erste Treffen mit werdenden Müttern am besten gestalten und wie geht man mit Situationen um, in denen die Kommunikation auf Anhieb nicht so ganz funktionieren möchte?

Das erste Kennenlernen

Im ersten Gespräch, welches meist bei der Familie zu Hause stattfindet, geht es vor allem darum, sich besser kennenzulernen und grundlegende Fragen zu beantworten. Dadurch erhalten beide Seiten einen guten ersten Eindruck, mit wem man es zu tun hat und welche Vorstellungen beide Parteien von der Zusammenarbeit haben. Nach einer ersten Vorstellungsrunde wird seitens der Hebamme zunächst aufgeführt, wie die Betreuung ablaufen kann und welche Leistungen die Schwangere grundsätzlich in Anspruch nehmen darf. Hier kann man als Hebamme auch das eigene Portfolio und Schwerpunkte der eigenen Arbeit vorstellen.

Es gilt dabei, das Vertrauen auf Seiten der Familie in die eigene Person und in die fachlichen Kompetenzen zu gewinnen. Dieses Vertrauen bildet die Basis der weiteren Zusammenarbeit. Auch die Schwangere und der werdende Papa sollten Raum zur Beantwortung ihrer Erwartungen und Wünsche an die Zusammenarbeit äußern und offene Fragen stellen können.

Auf den eigenen Charakter achten

Die Kommunikation mit den werdenden Eltern gehört zu den wichtigsten Bestandteilen der Arbeit einer Hebamme. Auf ihr basieren alle Fragen, Tipps und Empfehlungen, die untereinander ausgetauscht werden. Umso schwieriger kann es daher sein, wenn man als Hebamme neue Eltern kennenlernt, mit denen es in der Kommunikation zu Missverständnissen kommt, die einen auch über die Arbeit hinaus beschäftigen.

Um einen leichten Austausch zu schaffen, sollte man zuallererst auf sich selbst schauen und sich bewusst machen, wie man auf andere wirkt und von ihnen wahrgenommen wird. Denn das eigene Verhalten spiegelt sich auch in der Verständigung mit anderen wider. Ist man eher introvertiert, können andere diese Zurückhaltung möglicherweise falsch deuten; vor allem, wenn sie selbst eher extrovertiert auf Menschen zugehen. Genauso können ruhige und achtsame Personen sich nicht mit solchen identifizieren, die geradeheraus und fordernd ihre Bedürfnisse mitteilen.

Diese Charaktereigenschaften sind jedoch nicht ausschließlich dafür verantwortlich, wie man sich nach außen präsentiert. Jeder hat mal einen schlechten Tag, weshalb auch Personen, die normalerweise fröhlich und optimistisch durchs Leben gehen, sich hin und wieder anders als gewöhnlich verhalten können. Aus diesem Grund sollte man auch nicht direkt am ersten Eindruck messen, wie gut die weitere Zusammenarbeit klappen wird.

Empfehlenswert nach dem ersten persönlichen Kennenlernen ist es deshalb, beiden Seiten etwas Bedenkzeit zu geben. Hat man ein gutes Bauchgefühl und kann sich vorstellen, Seite an Seite die nächsten so wichtigen Schritte zu gehen, dann steht einer gegenseitigen Zusage nichts mehr im Wege.

Kommunikation mit den Eltern in der weiteren Zusammenarbeit

So wie jeder Mensch unterschiedliche Charakterzüge aufweist und sich in wechselnden Stimmungslagen befindet, ist dies auch bei werdenden oder frischgebackenen Eltern der Fall. Sowohl die Schwangerschaft als auch die Zeit im Wochenbett kommen für Eltern mit besonderen und oft mit bislang noch nie da gewesenen Herausforderungen daher. Dabei können Schlafmangel sowie postpartale Depression die Stimmungslage der Eltern beeinflussen. Deshalb sollte man sich als Hebamme bewusst werden, dass die Eltern mit denen während des einen Termins noch optimistische und freudige Gespräche über den Nachwuchs geführt wurden, an einem anderen Tag gestresst und besorgt sein können, weil zum Beispiel das Stillen nicht einwandfrei funktioniert oder weitere Fragen aufgekommen sind.

Hier ist Verständnis für das Gegenüber besonders wichtig, denn auch wenn die Antworten der Eltern auf gewisse Vorschläge und gutgemeinte Ratschläge ablehnend wirken, sind diese nicht als persönlichen Angriff zu verstehen, sondern als Reaktion auf die stressigen Umstände, die mit der Schwangerschaft und der Zeit im Wochenbett einhergehen. Unsere Entscheidungen werden häufig von unseren Emotionen und unserer Stimmung gesteuert, weshalb es wichtig ist, zu verstehen, dass die von werdenden Eltern geäußerte Kritik nicht die Kompetenzen der eigenen Arbeit als Hebamme in Frage stellen, sondern viel mehr um Verständnis für die eigenen Präferenzen bitten.

Daher sollte man sich das Ziel setzen, situationsabhängig zu reagieren und die werdenden Mütter so zu behandeln, wie sie behandelt werden möchten. Wenn eine Mutter gerne detaillierte Angaben zur Säuglingsnahrung erhalten würde, dann sollte sie mit allen zur Verfügung stehenden Informationen versorgt werden – auch wenn manches aus Expert:innensicht möglicherweise überflüssig erscheint.

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Eigene Grenzen setzen

Trotz allem sollte man den Eltern auch respektvoll zeigen können, wo die eigenen Grenzen liegen. Zeigt sich eine neue Kundin beispielsweise sehr redebedürftig und stellt außerordentlich viele Fragen,  deren Beantwortung die vereinbarte Zeit überziehen würde, ist es vollkommen in Ordnung, ihr höflich mitzuteilen, dass dies beim nächsten Termin gemeinsam geklärt werden kann. Auch bei privaten Nachrichten, die Mütter außerhalb der Arbeitszeit senden, kann respektvoll darauf verwiesen werden, wann man erreichbar und für eine Antwort verfügbar ist. Weiteres rund ums Thema Kommunikation mit (werdenden) Eltern stellen wir bei Wissen to go – Das Expertinnensofa vor.

Wissen to go: Live-Talk zum Thema Kommunikation mit herausfordernden Eltern

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