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Jedes Kind hat ein Recht auf eine individuelle Ernährung, die seine Entwicklung im besten Masse fördert. Als Pädiater:in wissen Sie um die zentrale Bedeutung, die ein guter Ernährungsstatus für die kindliche Entwicklung hat.
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Bei Ihren Vorsorgeuntersuchungen in der pädiatrischen Praxis übertragen Sie Körpergrösse und -gewicht Ihrer jungen Patient:innen routinemässig in Perzentilenkurven. Das gibt Ihnen die Möglichkeit, die individuelle Entwicklung des Kindes im Vergleich zu den Durchschnittswerten beziehungsweise Normwerten zu sehen. Perzentilenkurven geben frühzeitig Aufschluss über Abweichungen, um bei Bedarf schnell ernährungstherapeutische Massnahmen einzuleiten. Hier finden Sie hilfreiche Informationen zum Thema Gedeihstörung sowie eine Differenzierung der möglichen Formen und erfahren, wie Sie Ihre kleinen Patient:innen mit Gedeihstörung bei deren Ernährung unterstützen können.
Gedeihstörung: Definition
Die Gedeihstörung per se ist keine Diagnose, sondern wird als deskriptiver Begriff verwendet, dessen Definition Untergewicht, eine Gewichtsabnahme und/oder einen unzureichenden Gewichts- und Längenzuwachs im Kindesalter umfasst. Diese Definition ist auch ein Grund dafür, weshalb die Begrifflichkeiten zu Gedeihstörung und Mangelernährung/Malnutrition häufig synonym verwendet werden.
Man unterscheidet zwischen organischer und anorganischer Gedeihstörung. Erstere tritt als Begleitsymptom einer Grunderkrankung auf, während die anorganische oder primäre Gedeihstörung keine festzustellende körperliche Ursache in Form einer Erkrankung hat.
Gedeihstörung: Symptomatik
Das Leitsymptom einer Gedeihstörung, ob organisch oder anorganisch bedingt, ist eine verzögerte somatische Entwicklung, die sich in den Perzentilenkurven als Perzentilenabfall beziehungsweise auch „Perzentilenknick“ zeigt.
- Gewicht: Die Gewichtsstagnation beziehungsweise Abnahme ist ein Anzeichen für eine akute Mangelernährung.
- Wachstum: Ist im Weiteren eine Retardierung bzw. Stagnation im Wachstum des Kindes zu verzeichnen, spricht man hierbei von einer chronischen Mangelernährung.
Gedeihstörung: Begleitsymptome
Folgende weitere Symptome:
- Gesicht: Ausdruckslosigkeit, weite Augen, starrer und apathischer Blick (Greisengesicht)
- Verminderung des subkutanen Fettgewebes: Tabaksbeutelgesäss
- hängende Hautfalten an den Armen
- Zeichen der Dehydration: trockene Schleimhaute, stehende Hautfalten
- Reduktion der Muskelmasse
- Bewegungsarmut, fehlende Kontaktaufnahme
- Hautblässe
- trockene, rissige Haut
- spärlicher Haarwuchs
- schlecht entwickelte Muskulatur
- fehlendes Unterhautfettgewebe
- grosser Bauch bei Malabsorption
- klinische Hinweise auf Vitaminmangel, zum Beispiel Rachitis
Gedeihstörung: Mögliche Ursachen
Wenn Gewicht und Grösse eines Kindes deutlich unter dem altersbezogenen Durchschnitt liegen, deutet dies auf eine Gedeihstörung hin. Begleitet wird diese häufig von Auffälligkeiten in der motorischen und psychosozialen Entwicklung.
Ursachen einer Gedeihstörung können vielfältig sein und infolge verschiedenster Erkrankungen oder Lebensumstände auftreten.
Folgende Faktoren können zu einer Gedeihstörung führen:
- Unzureichende Nahrungsaufnahme (Inappetenz, hervorgerufen durch chronisches Erbrechen, Schluckstörungen oder Kaustörungen, Transportstörungen des Ösophagus oder Kurzatmigkeit bei Herz- und Lungenerkrankungen)
- Erhöhter Energiebedarf (zum Beispiel aufgrund einer bestehenden Erkrankung)
- Vermehrte Verluste (zum Beispiel über den Stuhl oder durch Erbrechen)
- Mangelnde Digestion und/oder Resorption von Nährstoffen (Malabsorption/Malassimilation)
Je jünger das Kind ist, desto höher ist das Risiko für eine Mangelernährung.
Dies hat verschiedene Gründe. Säuglinge haben in Relation zu ihrem Körpergewicht einen sehr hohen Energie- und Nährstoffbedarf. Zudem haben sie wenig bis keine Nährstoffspeicher, weshalb es notwendig ist, sie immer mit der benötigten Menge an Energie und Nährstoffen zu versorgen.
Organische und anorganische Gedeihstörung
Organische Gedeihstörung: Tritt häufig als ein Begleitsymptom einer organischen Erkrankung auf. Darunter zählen unter anderem:
- Sehr unreife Frühgeburtlichkeit
- Angeborener Herzfehler
- Morbus Crohn
- Zystische Fibrose (Mukoviszidose)
- Beeinträchtigung der Ess- oder Schluckfähigkeit, zum Beispiel aufgrund neurologischer Erkrankungen
Untersuchungen zeigen, dass jedes 4. stationär behandelte Kind unter einer krankheitsbedingten Mangelernährung leidet
Anorganische Gedeihstörung: Eine anorganische Gedeihstörung liegt dann vor, wenn es keine organische Ursache, das heisst eine Grunderkrankung, auf die die Gedeihstörung zurückzuführen ist, gibt. Der Grossteil der Gedeihstörung ist tatsächlich auf eine anorganische Ursache zurückzuführen. Diese tritt gehäuft unter anderem bei Kindern auf, die unter ungünstigen sozioökonomischen Verhältnissen aufwachsen. Ursachen für eine Mangel- und Unterernährung können unter anderem sein:
- Schlechtes Ernährungsverhalten (zum Beispiel durch Isolation der Eltern)
- Armut
- Fütterfehler
- Trinkschwäche
- Nahrungsverweigerung
- Emotionale Ursachen oder Traumata (zum Beispiel Vernachlässigung oder Frühgeburtlichkeit)
- Medikamenten- oder Alkoholabusus der Eltern
Eine anorganische Gedeihstörung lässt sich, sofern schnell erkannt, im Normalfall gut mit einem adäquaten Ernährungsmanagement behandeln. Ausführliche Informationen zum Ernährungsmanagement finden Sie weiter unten.
Gedeihstörung: Diagnose
Ein rechtzeitiges Erkennen der Anzeichen einer Gedeihstörung und einer Mangelernährung durch Ihre ärztliche Diagnose und eine frühe Intervention durch eine individuelle pädiatrische Ernährungstherapie sind Voraussetzungen dafür, die schwerwiegenden Folgen für die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes abzufangen und zu vermindern.
Gedeihstörung anhand der Perzentilen erkennen
Die Diagnose „Gedeihstörung“ erfolgt immer auf Basis eines Screenings unter Berücksichtigung des individuellen Perzentilenverlaufs, der mit Referenzwerten gleichalteriger Kinder verglichen wird. Daher ist die wichtigste Massnahme das regelmässige Erfassen von Körpergewicht und Körpergrösse, wie es in der pädiatrischen Praxis bei den Vorsorgeuntersuchungen routinemässig erfolgt. Bei Bedarf können auch Kopfumfang, Armumfang und andere Parameter zur Beurteilung hinzugezogen werden. Ein Abfall der etablierten Kurve beim Körpergewicht und/oder der Länge deutet auf eine Gedeihstörung hin.
Hierbei ist es wichtig, nicht die Einzelmessung, sondern immer den individuellen Verlauf der Wachstumskurven eines Kindes zu betrachten, denn jedes Kind entwickelt sich individuell. Die Perzentilenkurven geben frühzeitig Aufschluss über Abweichungen, um bei Bedarf schnell ernährungstherapeutische Massnahmen einzuleiten.
Die diagnostischen Parameter für eine Gedeihstörung sind dabei Folgende:
- Gewicht und/oder Länge bezogen auf das Alter < 3. Perzentile beziehungsweise 2 SDS bei mehr als einer Messung
- Gewicht und/oder Länge kreuzen zwei Hauptperzentilen
- Gewicht-Längen-Relation (Langensollgewicht) < 90%
Bedeutung der ausgewogenen Ernährung
Als Pädiater:in wissen Sie um die zentrale Bedeutung der richtigen Ernährung für Säuglinge und Kinder. Gut ernährte Kinder:
- zeigen eine bessere physische und kognitive Entwicklung.
- haben eine geringere Anfälligkeit für Krankheiten/Infektionen.
- sprechen besser auf Behandlungen/Therapien an.
- haben mehr Muskelmasse für eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit.
- fühlen sich besser und haben eine höhere Lebensqualität.
- haben kürzere Klinikaufenthalte.
- haben eine bessere Wundheilung.
Daher ist es besonders wichtig, eine Gedeihstörung frühzeitig zu erkennen und schnell zu handeln.
Anamnese
Bei der Ernährungsanamnese sollten besonders das kindliche Essverhalten und möglicherweise vorliegende Fütter- beziehungsweise Interaktionsstörungen zwischen Kind und Eltern oder der betreuender Person eruiert werden. Ebenso können psychosoziale Faktoren innerhalb der Familie einen Einfluss auf das Essverhalten des Kindes haben. Vernachlässigung oder Unwissenheit um die Ernährung von Kindern sollten überprüft werden.
Folgende Inhalte sollten Bestand der Ernährungsanamnese sein:
- Art der Nahrung (Muttermilch, Formelnahrung)
- Verabreichung der Nahrung
- Zeitpunkt und Art der Nahrungsumstellungen (Abstillen)
- Gehalt der Nahrung an Kuhmilch, Kohlenhydraten, Fruktose und Gluten
- alternative Ernährungsformen wie zum Beispiel Vegetarismus
Bei Bedarf ist es hilfreich, eine Ernährungsfachkraft oder einen Kinderpsycholog:innen hinzuzuziehen.
Nutricia unterstützt Sie auf dem Weg zur Diagnose
Bisher gibt es für das Screening auf Mangelernährung in der Pädiatrie kein etabliertes Screeningtool. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass der Grössen- und Gewichtsverlauf eines jeden Patienten in den Perzentilenkurven dokumentiert wird.
Mit dem Nutricia Ernährungs-Check bieten wir Ihnen ein Screening-Instrument, welches mit Expert:innen gemeinsam entwickelt wurde. Anhand weniger kurzer Fragen, kombiniert mit den Perzentilenkurven, können Sie einfach und schnell ein Risiko für eine Mangelernährung erkennen. Im Ernährungs-Check finden Sie ebenfalls Informationen zur Ernährungstherapie bei Mangelernährung.
Zudem haben wir eine Auswahl an (zertifizierten) Onlinefortbildungen zu verschiedenen pädiatrischen Themen. Zu unseren Fortbildungen
Ernährungstherapie bei Gedeihstörung
Haben Sie bei Ihren jungen Patient:innen Art und Ausmass der Mangelernährung analysiert und eine Gedeihstörung diagnostiziert steht die schnellstmögliche Intervention und Einleitung von ernährungstherapeutischen Massnahmen im Vordergrund.
Fragen zur Ernährung Ihrer kleinen Patient:innen mit Gedeihstörung?
Sie haben Fragen rund um unsere Produkte für die enterale Ernährung Ihrer jungen Patient:innen? Dann kontaktieren Sie uns jetzt. Wir beraten Sie gerne über unser Produktsortiment. Kontakt aufnehmen
Die Stufen der Ernährungstherapie
Die Stufen der Ernährungstherapie stellen verschiedene Formen der Ernährungsunterstützung dar. Das stufenweise Vorgehen verfolgt das Ziel, den Energie- und Nährstoffbedarf zu decken und vorhandene Defizite auszugleichen, um einer Gedeihstörung entgegenzuwirken oder ein Aufholwachstum zu gewährleisten. Die Massnahmen sind kombinierbar und richten sich nach den individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten Ihrer Patient:innen.
Normalkost und Energieanreicherung
An erster Stelle der Ernährungstherapie stehen eine ausgewogene Normalkost und Ernährungsberatung, soweit die orale Nahrungsaufnahme problemlos möglich ist. Wenn die Normalkost allein nicht für ein gutes Gedeihen ausreicht, sollte die Nahrung hochkalorisch angereichert werden, darüber hinaus stehen verschiedene Nahrungsmodule zur Anreicherung der Normalkost zur Verfügung (zum Beispiel mit Maltodextrin).
Aufgrund des richtigen Energie-Protein-Verhältnisses, welches für das Aufholwachstum benötigt wird, ist gerade das Anreichern von Säuglingsnahrung sehr komplex.
Für Säuglinge mit einer Gedeihstörung gibt es eine spezielle, therapeutische Säuglingsnahrung mit einem Energiegehalt von 1 kcal/ml und dem idealen Energie-Protein-Verhältnis für ein optimales Aufholwachstum.
Medizinische Trinknahrung
Ist eine Anreicherung der normalen Kost nicht zielführend beziehungsweise ausreichend, können medizinische Trinknahrungen eine hochkalorische Ernährung sinnvoll unterstützen. Vollbilanzierte Trinknahrungen, wie zum Beispiel Infatrini Trinknahrung und Nutrini Trinknahrung sind vollbilanziert und können sowohl zur ergänzenden als auch zur ausschliesslichen Ernährung eingesetzt werden. Bei entsprechender Indikation sind medizinische Trinknahrungen verordnungsfähig. Mehr über Trinknahrung erfahren
Erklärbroschüre Emma Elefant für Ihre kleinen Patient:innen
Die Erklärbroschüre erzählt die Geschichte vom Elefantenmädchen Emma, welches Probleme hat, ausreichend zu essen und dadurch immer schwächer wird. Es wird kindgerecht erklärt, welche Auswirkungen die fehlenden Nährstoffe auf Emmas Körper haben und wie sie durch die Nutrini Trinknahrung wieder mehr Lebensqualität erlangt. Die spielerische Aufklärung Ihrer kleinen Patient:innen wird ausserdem durch Reime und Ausmalbilder unterstützt.
Sondennahrung
Führen Nahrungsanreicherung und ergänzende ernährungstherapeutische Massnahmen nicht zum gewünschten Erfolg, kann eine Sondenernährung , zum Beispiel von Nutrini oder von Infatrini zum Einsatz kommen, um die Versorgung des Kindes mit lebenswichtigen Nährstoffen sicherzustellen. Auch mit einer Ernährungssonde (nasogastrale Sonde oder PEG) ist die orale Gabe von Normalkost und Trinknahrung möglich und sollte je nach Voraussetzungen Ihrer Patient:innen gefördert werden.
Bei entsprechender Indikation sind medizinische Trink- und Sondennahrungen verordnungsfähig. Nutricia bietet Ihnen eine Vielfalt von Sondennahrungen und der dazugehörigen Applikationstechnik an, um die optimale Ernährungstherapie für jedes Kind sicherzustellen. Mehr über Sondennahrung erfahren
Parenterale Ernährung
Falls eine enterale Ernährungssonde aus anatomischen oder anderen Gründen nicht möglich ist, kann in letzter Konsequenz die Energie- und Nährstoffversorgung parenteral mittels Infusion einer Nährstofflösung erfolgen.